Eine Reise in die Vergangenheit und ein Blick in die Zukunft: Das iPhone 14 verwendet Lightning, alle anderen Apple-Geräte nicht (mehr).

Apple war einst mit der Einführung des Lightning-Standards im iPhone 5 im Jahre 2012 ein Wegbereiter in Sachen fortschrittliche Ladekabel. Die Android-Welt hatte mit Micro-USB zwar bereits 2011 einen einheitlichen Standard erhalten (nachdem zuvor jedes Unternehmen auf einen eigenen, proprietären Anschluss gesetzt hatte), doch Micro-USB war lange nicht so leistungsfähig wie Lightning. Zwar waren sie in der Datenübertragungsgeschwindigkeit (480 Mbit/s) gleichauf, das kaschierte jedoch nicht, dass Apple mit bis zu 18 Watt für damalige Verhältnisse „blitzschnelles“ Laden bereitstellen konnte – der in der Android-Welt damals gängige Micro-USB-Stecker, basierend auf dem USB 2.0-Protokoll, schaffte gerade mal 5W.

Apple beging nun jedoch den Fehler, sich zu lange auf dem Erfolg auszuruhen. Die „Konkurrenz“ holte auf. Den nächsten Hieb gab es dann 2013 mit der Verabschiedung des USB 3.2 Gen 2-Protokolls, welches den Weg für USB-C im Jahr 2014 bereitete. Datenübertragung mit bis zu 10 Gbit/s und – ab 2017 – Laden mit 100W sind schlagkräftige Argumente für das neue Kabel. Diese Entwicklung setzte sich immer weiter bis zum aktuellsten Leistungssprung im Jahr 2022 fort, nämlich USB 4.0 Version 2.0. Mittlerweile sind – passendes Kabel und passenden Port am zu ladenden Gerät vorausgesetzt – in der Theorie Datenübertragungen mit bis zu 80Gbit/s und Laden mit bis zu 240W möglich. Lightning, das im Gegensatz zu USB in diesen gesamten zehn Jahren seit Einführung nie in Sachen Leistung verbessert wurde, wurde spätestens dann uneinholbar von USB-C abgehängt.

Im Laufe der letzten Jahre hat das auch Apple verstanden und an immer mehr Geräten wie dem MacBook (2015) und dem iPad Pro (2018) einen USB-C-Anschluss eingeführt. Das iPhone galt jedoch bis zuletzt als das letzte Bollwerk Apples, um sich gegen den immer weiter vorrückenden, offenen Standard zu verteidigen. Von Unternehmensseite wurde immer argumentiert, dass die Verwendung des proprietären Lightning-Standards dem Schutz der Kunden diene: für bessere Kompatibilität und einheitliche Leistung bei Laden und Datenübertragung über alle Kabel und Geräte hinweg, da bei USB-C-Kabeln und -Ports oft unklar ist, welches USB-Protokoll verwendet wird.

Dem Lightning-Standard und weiteren herstellereigenen Ausläufern bei etwa Notebooks will die Europäische Union nun aber einen Riegel vorschieben. Eine Umfrage ergab, dass 38 Prozent der EU-Bürger Probleme beim Laden ihrer Geräte hatten, weil sie kein kompatibles Kabel dafür hätten. Beim Neukauf von immer herstellereigenen Lösungen fallen in der EU jedoch pro Jahr 11.000 Tonnen Elektroschrott an, der durch einen einheitlichen Anschluss leicht um 1.000 Tonnen pro Jahr zu reduzieren wäre, sagt EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Außerdem sparen die Verbraucher in der EU laut EU-Parlament insgesamt rund 250 Millionen Euro pro Jahr ein, weil sie nicht mehr unterschiedliche Kabel nachkaufen müssen. Daher hat das EU-Parlament am 24. Oktober 2022 beschlossen, dass alle tragbaren technischen Geräte (Smartphones, Tablets, Kopfhörer, Digitalkameras, Konsolen, Tastaturen, E-Reader, Navis, Headsets und kabellose Lautsprecher), die ab 2024 auf den Markt kommen, via USB-C aufladbar sein müssen. Für Laptops gilt eine Ausnahme, sie müssen erst ab dem Jahr 2026 den Richtlinien entsprechen.

Die dunkle Bedrohung

Ende Februar 2023 kamen dann durch „Leaks“ auf diversen Online-Plattformen Gerüchte auf, Apple könnte mit dem diesjährigen iPhone 15 (Pro) zwar bereits auf USB-C setzen (obwohl es gesetzlich noch nicht vorgeschrieben ist), jedoch auf das Zertifizierungsprogramm MFi (Made For i) zurückgreifen. Damit zertifiziert die Firma Zubehör, das extra für Apple-Geräte optimiert sein und eine unbedenkliche Nutzung garantieren soll. Für das Zertifikat müssen die Produzenten von Kabeln jedoch Geld an Apple zahlen, den „Verlust“ geben sie als Aufpreis an die Kunden weiter, weswegen MFi-Zubehör immer teurer ist als Standard-Kabel.

Laut den Gerüchten plante Apple, durch einen speziellen Sicherheitschip in Kabel und Port umzusetzen, dass nur MFi-Kabel die volle Leistung des USB-Ports freischalten könnten. Drittanbieter-Kabel hätten damit eine deutlich geringere Datenübertragungsgeschwindigkeit und das Laden würde nur äußerst langsam vonstatten gehen, vielleicht sogar langsamer als aktuell schon mit dem Lightning-Kabel.

Angeblich sollen sogar bereits MFi-zertifizierte USB-C-Kabel bei Apples Produzenten Foxconn in China in der Fertigung sein. Diese müssen nun jedoch wahrscheinlich vernichtet werden.

Die EU schlägt zurück

Der für das Gesetz der einheitlichen Ladekabel („EU Common Charger Directive“) zuständige maltesische Europaabgeordnete Alex Agius Saliba hat allerdings den Betrugsversuch erkannt. Auf Facebook schrieb er, dass eine Umgehung des Gesetzes durch das MFi-Programm illegal sei. Er habe diesbezüglich ein dringendes Treffen mit der EU-Kommission organisiert. Apple wurde zudem eingeladen, in einer Sitzung des Europäischen Parlaments die Zweifel der Abgeordneten auszuräumen, verzichtete jedoch auf eine Teilnahme. Daher werde Saliba sie nun schriftlich um eine Stellungnahme zu den sich verdichtenden Gerüchten bitten. Ansonsten müssen weitere Schritte, wie eine Überarbeitung des Gesetzes, eingeleitet werden. Saliba schreibt: „Obwohl das Gesetz verabschiedet wurde, geht meine Arbeit weiter.“

Eine neue Hoffnung

Anpassungen des Gesetzes seien leicht möglich, betont Anna Cavazzini (B90/Grüne), die Vorsitzende des EU-Binnenmarktausschusses. Das bezieht sich auf das möglicherweise kommende MFi-Programm bei USB-C-Kabeln, aber vor allem auf den Bereich des kabellosen Ladens. Hier wird der Qi-Standard bei allen fähigen Geräten genutzt, der in der aktuellen Version mit bis zu 15 Watt kabellos aufladen kann. Bei iPhones geht das ebenfalls, via Qi jedoch nur mit 7,5 Watt. Wenn man die volle Leistung nutzen will, muss man einen speziellen Apple-MagSafe-Charger kaufen. Rein technisch wäre das auch mit Qi möglich, aber das ist von Apple nicht gewollt. Denn wie MFi bringt auch das proprietäre MagSafe dem Unternehmen mehr Geld als offene Standards wie USB-C oder Qi.

Es ist noch ein weiter Weg hin zu den einheitlichen Standards. Die EU Common Charger Directive ist auch nur ein kleiner Schritt zu diesem großen Sprung in der Technik-Welt. Aber einer der selbstsichersten der EU, diesmal hoffentlich einer ohne Schlupflöcher für Hersteller.

Foto: Tim Arnold

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