Ich hasse alles, was ich schreibe. Jede Blume, die ich häkle. Jeden einzelnen Keks, den ich backe. Und egal, wie oft mir jemand sagt, ihnen gefällt, was ich tue, ich werde nicht einmal davon träumen. 

Des Öfteren kommen Freunde, Bekannte auf mich zu und erzählen mir aufgeregt, sie hätten einen meiner Artikel gelesen, und jedes Mal ist meine Reaktion die gleiche: „Oh Gott… Bitte sag, es war nicht einer der über Corona.“

Ich habe eine Kiste voller angefangener Handarbeitsprodukte, die ich zu 80 Prozent nicht fertig gemacht habe, weil ich irgendwann vorher immer entschieden habe, dass sie so schlecht aussehen – es würde sich nicht lohnen, sie zu vollenden.

Ich bin berühmt-berüchtigt dafür, ständig irgendwas Gebackenes in der Schule dabei zu haben und es jedem andrehen zu können, ob er will oder nicht. Allerdings kann ich meine Backwaren so wenig ausstehen, dass ich die Hälfte meiner Rezepte noch nie probiert habe und nur auf die Kommentare anderer vertraue.

Egal was ich tue, ich hasse es. Ich hasse es, weil ich dir genau sagen kann, was ich daran hasse. Ich hasse, dass ich in meinen Aufsätzen über einige Sätze stolpere und sie nicht flüssig durchlesen kann, dass ich in meinen Stickarbeiten bei diesem einen Feld die falsche Farbe benutzt habe, was niemandem auffallen wird außer mir, aber ich weiß, dass im Muster eine andere stand und dass ich es nie hinbekommen kann, Blaubeeren richtig schmecken zu lassen, egal womit ich sie würze oder was daraus wird.

Ich hasse es, weil mich verdammt gute Sachen umgeben. Kennt ihr Exurb1a? Er ist englischer Literat und vertreibt sich die Zeit zwischen seinen Bücherprojekten damit, YouTube-Videos zu produzieren. Um ganz ehrlich zu sein, habe ich nie ein publiziertes Werk von ihm gelesen, doch ich liebe seine Video-Essays. Dieser Mann, er hat eine Art mit Worten umzugehen, die beneidenswert ist. Es geht mir nicht nur um den Stil seiner Worte, eher um die Vielfalt. Wie sie weich oder hart sein können, zum Verträumen oder Realisieren anregen, sie fühlen sich so erfrischend an wie eine leichte Brise in deinem Gesicht oder so kitzelnd wie zarte Fingerspitzen einer geliebten Person auf deinen Armen. Sie können dich aufhetzen wie die schiere Energie einer Menschenmasse bei einem Konzert oder zerschlagen wie dieser Gesichtsausdruck und die hängenden Schultern eines enttäuschten Freundes. Was Exurb1a aus Worten macht, kommt Magie gleich. Und dann gibt es mich.

https://instagram.com/linescapes.drawing

Darf ich dir ein Geheimnis verraten? Ich habe keine Ahnung, was in dem Artikel, der später „Zwischen Kiew und Hösbach“ heißen sollte, steht. Ja, ich habe die Bilder dazu gemacht, Interviews geführt und ihn geschrieben, aber das erste Mal, dass ich realisiert habe, was darin überhaupt steht, war einige Wochen später, als ich ihn mir durch Zufall auf dem Bildschirm einer Freundin nochmal durchgelesen habe. Die Redaktion hat mich donnerstags in die Willkommensgruppe geschickt, allerdings den Artikel bis Freitag verlangt. Entstanden ist der Artikel zwischen 21:00 und 03:00 Uhr zwischen diesen Tagen, während ich parallel für meine Matheschulaufgabe am Freitag gelernt habe und versuchen musste, einer Klassenkameradin die letzten drei Monate Matheunterricht bis ins Detail zu erklären. Und wenn du mich fragst, dann merkt man das dem Artikel an. Der Einstieg ist unsensibel, das Interview wirkt überspitzt und die Wörter unoriginell, die Vibes des Artikels sind unklar, nie ganz sortiert und das Ende zu melodramatisch.

Vor einer Weile, als ich mich am Illustrieren probiert habe, habe ich dieses Diagramm von Linescapes gesehen, und ich denke viel daran. Vielleicht sind es nicht meine Dinge, die ich hasse, vielleicht hasse ich nur den Fakt, dass ich es irgendwann mal, wenn ich mehr Skills habe, besser hätte machen können. Vielleicht hasse ich den Fakt, dass es da draußen jemanden gibt, der es auch jetzt schon besser hätte machen können, aber diese Person war nun mal eben leider damit beschäftigt, die Welt zu retten oder seiner kleinen Tochter ein Pausenbrot zu schmieren oder seinen Fünftklassaufsatz abzugeben, ich weiß es nicht. 

Ich würde nicht besser werden, wenn ich nicht alles hassen würde, das ich mache. Niemand würde das. Und so grauenhaft es sich jetzt anfühlt, vielleicht ist das nur der erste Schritt auf dem Weg, jemand zu werden, der über seine eigenen Texte schmunzeln kann, der stolz seine selbstgehäkelten Mützen verschenkt und gerne auch mal für sich selbst backt.

Aber für’s Erste werde ich erstmal weiter alles hassen, was ich tue. 

Wenn du auch alles hasst:

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