Interview mit zwei ukrainischen Jugendlichen, die in die Brückenklasse des HSG gehen
Seit dem Frühjahr 2022 gibt es am HSG die sogenannten „Brückenklassen“, in denen geflohene Kinder und Jugendliche aus der Ukraine Deutsch-Unterricht bekommen. Zwei davon sind Olessia, 14 Jahre, und Evelina, 15 Jahre, die aus der Nähe von Kiew bzw. Odessa kommen. Wir habe die beiden kürzlich zu ihren Gefühlen und Meinungen zum Krieg und zu ihrem Leben in Deutschland interviewt.
Joulina: Welche eurer Familienmitglieder sind nach Deutschland mitgekommen und habt ihr noch Kontakt zu denen, die noch in der Ukraine sind?
Olessia: Mein kleiner Bruder und meine Mutter sind mit nach Deutschland gekommen, aber mein Vater ist noch in der Ukraine. Er hilft dort und müsste nur im Notfall kämpfen. Dreimal im Jahr hat er die Erlaubnis, nach Deutschland zu kommen, jedoch war er noch nie hier.
Evelina: Meine große Schwester und meine Eltern sind hier, allerdings sind meine Großeltern noch in der Ukraine. Ich telefoniere jeden Tag mit ihnen.
Clara: Habt ihr Haustiere, und wenn ja, was ist mit ihnen?
Evelina: Ich habe einen Hund, er ist bei mir in Deutschland.
Olessia: Ich habe eine Maus, einen Hamster und einen Papagei, und alle meine Tiere sind noch in der Ukraine.
Joulina: Seid ihr „aus Vorsicht“ geflohen, oder weil ihr schon aktiv Kriegsgeschehen mitbekommen habt? Wenn letzteres, was genau habt ihr mitbekommen?
Olessia: Ich habe eine Rakete gesehen, die direkt über unserem Haus vorbeiflog, da wir erst zwei Monate nach Kriegsbeginn geflohen sind. Es war wirklich sehr schrecklich dort.
Evelina: Ich war ebenfalls noch zwei Monate dort und habe viele Schüsse gehört, jedoch nichts gesehen.
Clara: Habt ihr auch mal einen Alarm mitbekommen? Wenn ja, wo seid ihr dann hingegangen?
Evelina: Täglich um die vier- bis siebenmal. Eigentlich hätten wir in ein Sicherheitsgebäude gehen sollen, aber wir sind zu Hause geblieben.
Joulina: Wie lange hat eure Flucht nach Deutschland gedauert und mit welchen Transportmitteln seid ihr gekommen?
Olessia: Ich bin mit dem Flugzeug und dem Bus hierher gekommen und es hat zweieinhalb Tage gedauert.
Clara: Wie lange seid ihr jetzt schon in Deutschland?
Evelina: Ungefähr sechs Monate. Aber mir sind die ersten drei Monate sehr schwergefallen, weil ich die Ukraine vermisst habe.
Joulina: Vermisst ihr etwas Spezielles aus der Ukraine?
Evelina: Ich vermisse meine Verwandtschaft und traditionelle Speisen, wie Олів’є (Olywje [Salat mit Erbsen, Wurst, Kartoffeln, Eier, Mayonnaise, Gewürz]), Pitschonie Tort [bestimmte Kuchenart], Chaladietz [Fleisch in einer gelatineartigen Masse] und Borschtsch [Rote-Bete-Suppe].
Clara: Möchtet ihr in die Ukraine zurückgehen, wenn sich die Lage dort verbessert oder der Krieg endet?
Olessia: Nein, ich möchte, wie meine Familie, lieber hierbleiben. Vor allem wegen einer Ausbildung und solchen Dingen.
Joulina: Haben eure Eltern hier einen Job?
Olessia: Meine Eltern arbeiten in einer Fabrik.
Evelina: Meine Mutter macht gerade einen Deutschkurs.
Clara: In welcher Jahrgangsstufe wärt ihr jetzt in der Ukraine?
Evelina: Wir haben die Schule schon beendet, da diese in der Ukraine nur bis zur neunten Jahrgangsstufe geht. Man hätte auch länger in der Schule bleiben können, aber unsere Grundausbildung haben wir somit schon.
Joulina: Habt ihr ein Lieblingswort im Deutschen oder habt ihr Schwierigkeiten mit der Sprache?
Evelina: Ich finde das Wort „genau“ sehr witzig. Verstehen kann ich alles, jedoch fällt mir das Antworten manchmal schwer.
Vielen Dank für eure Zeit und die ehrlichen Antworten. Wir hoffen, ihr lebt euch gut in Deutschland ein und die Situation in der Ukraine verbessert sich!
Fotos: Joulina & Clara
Hallo Schülerzeitung ,ich finde sehr gut dass ihr euch mit allen Themen beschäftigt. Das Interview gibt einen guten Einblick. Auch mit den Figuren sieht es noch besser aus.
Vielen Dank für den Einblick in Olessias und Evelinas Leben! Schönes Interview, visuell ansprechende Aufbereitung! Beste Wünsche für alle Mädels (Interviewte und Interviewerinnern)! 🙂
Sehr gut gelungenes Interview! Es gibt gute Einblicke in das Leben der beiden Mädchen. Vielen Dank!